DER ARBEITSALLTAG BEI COMBRIFOL

Nachdem sich der Abstand zwischen den letzten Reiseberichten etwas vergrößert hat, gibt es nun einen letzten – abschließenden – Bericht zu den Aktivitäten in der Kooperative und meinen persönlichen Eindrücken, da meine Praktikumszeit bei COMBRIFOL leider zu Ende geht.
In den vergangenen Monaten hatte ich die Möglichkeit, Einblicke in die verschiedenen Arbeitsbereiche der Kooperative zu gewinnen: Die Arbeit im Büro ist ebenso vielfältig und abwechslungsreich wie die Arbeit außerhalb. Zusätzlich gibt es die vielen sozialen Projekte der Kooperative, die die Produzenten, ebenso wie ihre Familien, die Gemeinden und die honduranische Gesellschaft als Ganzes auf verschiedenste Art und Weise unterstützen. Besonders beeindruckt haben mich die Bemühungen und der Wille der Kooperative, die Lebensbedingungen der Bevölkerung in Honduras, vor allem in den ländlichen Gebieten des Landes, zu verbessern. COMBRIFOL ist eine sehr kleine Kooperative, die nur wenig Geld zur Verfügung hat, doch strebt sie stets danach, alle Mitglieder so sehr wie möglich einzubeziehen und zu unterstützen. Insbesondere im Anbetracht fehlender staatlicher Rahmenbedingungen ist dies der Kooperative aus meiner Perspektive sehr hoch anzurechnen. Um nur einige Beispiele zu nennen – verschiedenste Workshops zu landwirtschaftlichen Themen, das Stipendienprojekt, die Projekte für Frauen und seit Neuestem die Übernahme von Arzt- und Arzneikosten – zeigt, wie sehr COMBRIFOL bemüht ist, den Mitgliedern mehr Möglichkeiten zu schaffen.
Auf dem Heimweg von einem Seminar von COMBRIFOL
Auf der anderen Seite wünscht sich die Kooperative, mehr finanzielle Kapazitäten für ebendiese Projekte zur Verfügung zu haben und um neue Projekte ins Leben rufen zu können. Der Kauf von fair und solidarisch gehandelten Kaffee der Kooperative trägt dazu bei, ebendies auch von Deutschland aus zu ermöglichen. Zudem befindet sich COMBRIFOL in dem Prozess, neue Käufer für ihren Kaffee zu gewinnen und notwendige Zertifizierungen zu erlangen, um bessere Preise für den Kaffee und Prämien für die Projekte zu generieren.

Denn wenngleich die Kooperative sich engagiert dafür einsetzt, den fairen Handel zum Wohl aller Mitglieder zu nutzen, gibt es immer noch einige Bereiche, die ausgebaut werden könnten: Wie in den letzten Berichten bereits angesprochen, kommen einige Projekte nicht gleichermaßen allen Mitgliedern der Kooperative zugute. Dies betrifft zum einen den Anbau und den fairen Handel von Bio-Kaffee, da die Zertifizierungen für Bio- und Fairtrade-Siegel sehr kostspielig sind und kleine Produzenten sich diese zumeist nicht leisten können. COMBRIFOL ist nicht in der Lage, diese jährlich anfallenden Kosten für alle Produzenten zu übernehmen. Daher wird nur ein sehr kleiner Teil des Kaffees, den die Kooperative zur Verfügung hat, fair auf dem internationalen Markt bzw. nach Deutschland gehandelt. Der restliche Teil wird in Honduras und leider auch zu schlechteren Preisen vermarket. Dadurch erzielen einzelne Produzenten der Kooperative sehr gute Preise für ihren Kaffee, sodass der Kaffee ausreichend Einnahmen für die Lebenshaltungskosten einbringt, wohingegen andere nach wie vor unter sehr einfachen Bedingungen leben und nur wenig finanzielle Ressourcen zur Verfügung haben. Andersherum sind einige der Produzenten Kreditnehmer von COMBRIFOL und tun sich schwer, sich aus finanziellen Schwierigkeiten zu befreien. Dadurch sind ihre Möglichkeiten, vom konventionellen zum kostspieligeren Bio-Anbau umzustellen, eingeschränkt. COMBRIFOL versucht zwar, einzelne Produzenten durch die Übernahme von Kosten und durch Workshops zu unterstützen, oftmals kann dadurch aber nur ein Teil der Bedingungen verändert werden, ohne einen kompletten Wandel in Gang zu setzten. Beispielsweise wurden die Produzenten ausführlich geschult, um hochwertigen Bio-Dünger herzustellen. Viele der Produzenten setzten Gelerntes aber nicht um, weil der Transport der Materialien zu den teilweise schwer erreichbaren Fincas zu aufwändig ist oder der Aufwand für die Verwendung konventioneller Produkte geringer und teilweise kostengünstiger ist. Dies ist sehr schade, nichtsdestotrotz spielen viele verschiedene Faktoren eine wichtige Rolle für die Entscheidungen der Produzenten und ihrer Familien.

Solartrockner helfen beim TrocknenÄhnlich steht es zum anderen auch um die sozialen Projekte – einzelne Produzenten nehmen die Angebote der Kooperative an, um ihre eigenen Fähigkeiten zu verbessern, andere sind zwar Mitglieder aber halten sich mit der Teilnahme zurück. Ein Beispiel während meiner Praktikumszeit ist das Stipendienprojekt: Unterstützt wurden zunächst nur Kinder von Familien, die ihren Kaffee nach Deutschland verkaufen oder in Gremien der Kooperative aktiv sind. Dadurch konnten zwar besonders engagierte Mitglieder unterstützt werden, allerdings wurden viele Mitglieder mit knappen finanziellen Ressourcen so außen vorgelassen. In der Kooperative soll es allerdings keine Ungleichbehandlung geben, aus diesem Grund werden die Voraussetzungen für das Stipendienprojekt für den nächsten Zeitraum angepasst. Gleichermaßen sollen mehr Kinder der Mitglieder durch das Projekt profitieren.

Nichtsdestotrotz ist mir während meiner Praktikumszeit immer wieder aufgefallen, dass einige Mitglieder sich deutlich mehr engagieren als andere und einige Produzenten nicht ganzheitlich in die Prozesse einbezogen werden. Manche Produzenten sind nur Kreditnehmer und schaffen es über einen langen Zeitraum hinweg nicht, ihre finanzielle Situation zu verbessern. Dies wirkt sich negativ auf deren Kapazitäten aus und die Produzenten das Gelernte nicht positiv bzw. gewinnbringend umzusetzen.
Dadurch entstehen kleine aber feine Unterschiede zwischen den einzelnen Produzenten…

Aber versucht nicht genau der faire Handel, solchen Auswirkungen gegenzuarbeiten? Sind es nicht die Werte von Solidarität, Zusammenarbeit und gegenseitige Unterstützung, die für die Arbeit in Kooperativen und auch den fairen Handel ausschlaggebend sind? Wie kann die Arbeit so umgesetzt werden, dass sie nicht Ungleichheiten schafft und nicht von Geld abhängig sind? Dies sind einige Fragen, die ich mir selbst während meines Praktikums stellen musste. Ich persönlich finde es sehr wichtig, kritisch an Prozesse heranzugehen und Dinge zu hinterfragen, auch wenn sie auf den ersten Blick sehr gut erscheinen, denn nur so können nachteilige Effekte entdeckt und angepasst werden.

Eine Zitruspflanze für jeden jugendlichen SeminarteilnehmerDa mein Interesse vor allem dem fairen Handel als alternatives Handelskonzept in einer globalisierten Welt gilt und ich hierbei vor allem die entwicklungspolitischen Auswirkungen ins Auge fasse, war es für mich sehr wichtig, aus dem Praktikum Schlüsse zum Unterschied zwischen der Theorie und der Praxis des fairen Handels zu ziehen und zu reflektieren, welche Modifikationen notwendig sind, um das auf dem Papier so gut klingende Konzept Wirklichkeit werden zu lassen. Es gibt viele Stimmen, die den fairen Handel mehr als „Marketing-Konzept“ als einen aufrichtigen Versuch verstehen, die Rahmenbedingungen des internationalen Handels zwischen Ländern des „Südens“ und des „Nordens“ gerechter zu gestalten. Dienen Siegel und Zertifizierungen nur dazu, um den Käufern von Konsumprodukten ein besseres Gefühl zu geben? Oder garantieren sie eine bessere Zusammenarbeit und eine direktere Vernetzung zwischen Konsumenten und Produzenten? Kaffee gilt als eines der wichtigsten Produkte im fairen Handel – aber können die Prinzipien nicht auch auf den Handel insgesamt ausgeweitet werden?

Auch nach dem Ende meines Praktikums möchte ich weiterhin mit der Kooperative zusammenarbeiten, um die Produzenten zu unterstützen und von ihnen zu lernen, um symbolisch und tatsächlich die internationale Zusammenarbeit und den fairen Handel zu fördern und um zu zeigen, wie sehr mich die Bemühungen der Kooperative beeindruckt haben. Die Unterstützung von Seiten der MITKA ist auch auf dem internationalen Markt durch die durch Vertrauen und direktem Kontakt geprägten Beziehungen herausragend und zeigt, dass der Faire Handel nicht nur, wie eben oftmals gesagt, nur Marketing ist, sondern tatsächlich zu positiven Veränderungen für Kleinbauern beiträgt, wenn Spaß und Leidenschaft Teil der Zusammenarbeit sind.
Ein Stipendium für Schule und Studium ist eine große Anerkennung
Viele Grüße & herzlichen Dank für’s Lesen,
Layla